Letzte Hefte
DIE LETZTEN HEFTE
Heft 59-60
EINSTEIN
Ein Widerbesuch bei Carl Einstein mit philologischen Perspektiven, Fragen zum Wissen der Moderne, zur Ästhetik, Avantgarde und ihren medialen Praktiken, zum Kritiker und dessen Netzwerk und zu den inter- und transkulturellen Zugängen
Herausgegeben von Jasmin Grande, Maria Männig, Eva Wiegmann und Walter Delabar
Ein Literat – damit ist doch schon alles gesagt? –, aber nein, noch mehr: ein Dandy, ein Anarchist, ein Antifaschist, ein früher, vielleicht schon postkolonialer Autor, ein Kunstkritiker und Kunsthistoriker. Was könnte man Schlimmeres über einen Intellektuellen des frühen 20. Jahrhunderts sagen, der sich – anscheinend – weder an die Grenzen des guten Geschmacks noch an nationale Grenzen noch an das, was bis dahin als Kunst zu gelten hatte, gebunden fühlte.
Dass ein Intellektueller, der sich der Avantgarde zuwandte, starke Affinitäten zu Frankreich und zur neuen französischen Kunst haben musste, ist wohl kaum verwunderlich. Die Radikalität aber, mit der sich Carl Einstein (1885–1940) seinen Themen widmete, hat ihm bis heute den Ruf eines enfant terrible eingetragen, und die Faszination, die vom Werk, aber eben auch von der Person Carl Einstein ausging, groß gehalten. Welcher Autor, gleich welchen Geschlechts, könnte sich ein derartiges Werkkompendium zuschreiben wie Carl Einstein: einen avantgardistischen Roman (Bebuquin), ein Monument der Kunstgeschichtsschreibung der Klassischen Moderne (Die Kunst des 20. Jahrhunderts) und zwei schmale, aber fulminante Bände zur afrikanischen Plastik (Negerplastik und Afrikanische Plastik), mit denen er die afrikanische Kunst aus dem ethnologischen und kolonialen Gefängnis befreite und als Kunstform etablierte.
Es wurde also höchste Zeit, dass sich der JUNI auch mit Einstein beschäftigt … und Gelegenheit macht Diebe.
Zu beziehen über den Aisthesis-Verlag, Bielefeld. Im Abo 30,00 Euro plus Versand. Im Einzelpreis: 38,00 Euro.
INHALT
Editorial ♦ S. 7
Klaus H. Kiefer
Carl Einsteins Briefe. Stilistik und Philologie ♦ S. 9
Carl Einstein
Briefe. Vier unveröffentlichte Briefe Carl Einsteins ♦ S. 41
Liliane Meffre
Carl Einstein, stets einer und mehrere. Aus dem Französischen übersetzt von Achim Küpper ♦ S. 47
Anna Luhn
Subversive Dichtung. Eine Spekulation zum literarischen Engagement nach Carl Einstein ♦ S. 53
Stefan Scherer
Kubistische Prosa? Bebuquin oder Die Dilettanten des Wunders ♦ S. 71
Dirk Heißerer
Dialog der Antipoden: Carl Einstein und Thomas Mann ♦ S. 84
Frank Krause
„sie werden in dionysischen Sandalen stinken …“
Zur Problemgeschichte von Geruchsmotiven im Werk von Carl Einstein ♦ S. 99
Jasmin Grande
Trans/Einstein: Vernacular modernism im Europa-Almanach ♦ S. 105
Christian Drobe
Carl Einstein und Ernst Cassirer: Versuch einer Annäherung im Rahmen der Gestalttheorie ♦ S. 123
Patrick Hohlweck
Form und Milieu: Carl Einstein und die Chronopolitik der Moderne ♦ S. 135
Enno Stahl
Zur Aktualität von Avantgarde ♦ S. 147
Matthias Berning und Talea Kreienbrock
Avantgarde und die Ästhetik der politischen Gewalt:
Avantgarde-Theorien der 1960er und Carl Einstein ♦ S. 155
Walter Fähnders
Zwischen Prophetentum und Selbstaufhebung: Der avantgardistische Künstler ♦ S. 169
Matthias Berning
Einstein, Grosz, die Kunst und die Weimarer Republik ♦ S. 181
Maria Männig
Die dritte Kunstgeschichte
Carl Einsteins Praxis und Walter Benjamins Theorie der Kritik ♦ S. 193
Stephanie Marchal
Kontaktzonen der Kritik: Julius Meier-Graefe und Carl Einstein ♦ S. 209
Patricia Nünning
Moïse Kisling: Individualist, Grenzgänger und Alternative zu Picasso & Co ♦ S. 227
Simone Zupfer
Carl Einstein und die Literaturkritik ♦ S. 238
Paul N’guessan-Béchié
Faszination und Aktualität: Carl Einsteins Negerplastik aus afrikanischer Perspektive ♦ S. 253
Roberto Conduru
Carl Einstein in Brasilien: Brasilianische Ansätze einer nicht-hegemonialen Kunstgeschichtsschreibung ♦ S. 261
Daria Mille
Fotografie und vergleichendes Sehen: Carl Einsteins und Vladimir Markovs Blicke auf die afrikanische Kunst ♦ S. 273
Eva Wiegmann
„Hilflos negert der Unoriginelle.“ Reflexionen über das interkulturelle Potential von Carl Einsteins Afrikanismus ♦ S. 289
Kay Heymer
Afrikanische Kunst, ausgestellt. Carl Einstein zwischen Wissenschaft und künstlerischer Praxis: Zu den Ausstellungen afrikanischer Kunst ♦ S. 309
Amber Moyles
Carl Einstein und der ethnografische Film. Der Fall Toni (1935) ♦ S. 327
Schafott/Über den grünen Klee – Rezensionen und Hinweise ♦ S. 339
Autorinnen und Autoren
Heft 57-58
DIE FREIHEIT ERHEBT IHR HAUPT
Über die Revolution, ihre Erfolge, einige Missgriffe und ihr Nachleben
Mit Texten von und zu Larissa Reissner, Lucia Moholy, Gustav Noske, Richard Müller, Kurt Eisner und Alfons Paquet, einem Revolutionsdenkmal von Bernhard Hoetger, und zahlreichen Abhandlungen und Kommentaren zu Victor und Friedrich Hollaender in der Revolution, zu Brechts Hitlerstudien, zur Revolution in Deutschland, München und Österreich, zu ihren Dichtern und ihren Denkmälern. Außerdem ein Erinnerungsbild zu Irène Némirovsky und Irene Kafka.
Herausgegeben von Gregor Ackermann und Walter Delabar
„Die Freiheit erhebt ihr Haupt“: Die Rhetorik der Revolution 1918/19 ist voller Pathos, aber das mit gutem Grund, ist Pathos doch die Haltung und Stilform, die – für die Zeitgenossen vor der Neuen Sachlichkeit – dem Ereignis und seiner Tragweite angemessen war. Die Hoffnungen, die sich an die Revolution knüpften, waren zweifelsohne sehr groß. Umso größer die Enttäuschung, als am Ende dieser wenigen, ereignisreichen Monate nicht das ersehnte Reich der Freiheit stand, eine andere Gesellschaft, in der Unrecht, Unterdrückung und Gewalt Vergangenheit waren. Stattdessen stand am Ende der Revolution eine parlamentarische Demokratie westlicher Prägung, über Jahre hinweg andauernder innen- wie außenpolitischer Streit, ein entfesselter Kapitalismus, der von einer Krise in die nächste taumelte, um danach umso vitaler wiederaufzusteigen, eine Gesellschaft, die sich mit ihrer neu gewonnenen Freiheit nicht anfreunden, die den Zumutungen der offenen Gesellschaft entgehen wollte, ohne auf deren kleine Freuden verzichten zu wollen, und die sich einer korrupten nationalistischen Kamarilla an den Hals warf, die sich nichts besseres zum Machterhalt einfallen ließ, als den nächsten Großen Krieg anzuzetteln.
Aber auch wenn die Defizitanzeigen in Sachen Weimarer Republik nicht wegzudenken sind – kaum ein Vorwurf, den man der Republik machen kann, ist wirklich falsch –, muss man sich schwer damit tun, die Republik als Missgriff und Misserfolg abzutun.
Die Freiheit hat, um eine pathetische Wendung Kurt Eisners aufzunehmen, Ende 1918 ihr Haupt erhoben, und es hat gereicht, die Monarchie zu zerstören, den Adel aus allen Ämtern zu verjagen und das Volk als Ursprung der Staatsgewalt festzuhalten. Aber sie hat sich mit wenig genug zufrieden gegeben.
Zu beziehen über den Aisthesis-Verlag, Bielefeld. Im Abo 30,00 Euro plus Versand. Im Einzelpreis: 38,00 Euro.
INHALT
Walter Delabar und Gregor Ackermann
Editorial ♦ S. 7
Bernhard Hoetger, Lucia Moholy
Revolutionsdenkmal. Für die während der Bremer Februarkämpfe gefallenen Proletarier ♦ S. 11
Helga Karrenbrock, Walter Fähnders
„Die ganze Zertretenheit des Proletariats schreit in den Backenknochen“. Zur Revolutionsdenkmal-Broschüre von Bernhard Hoetger und Lucia Moholy ♦ S. 29
Lucia Moholy
Über den Kommunismus ♦ S. 41
Helga W. Schwarz
Larissa Reissner. Revolutionärin und Chronistin ♦ S. 45
Larissa Reissner
Ullstein ♦ S. 63
Die Barrikade ♦ S. 75
Zur Edition der Texte ♦ S. 85
Das Nahe und das Ferne. Die Texte Larissa Reissners in einer Neuedition ♦ S. 92
Frank Jacob
Marx und / oder Bakunin? Kurt Eisner (1867-1919) und der Anarchismus ♦ S. 95
Kurt Eisner
Marx und Bakunin ♦ S. 101
Die Freiheit erhebt ihr Haupt ♦ S. 108
Aufgaben der Räte ♦ S. 111
Wir sind mit der Revolution vorangegangen ♦ S. 113
Die Stellung der revolutionären Regierung zur Kunst und zu den Künstlern ♦ S. 115
Primus-Heinz Kucher
Vom glanzlosen Finale. Österreich 1918-1920: Spiel- und Projektionsräume revolutionärer Umgestaltung ♦ S. 123
Alfons Paquet
Das Telegraphenamt (aus Von November bis November) ♦ S. 139
Oliver M. Piecha
Kreuz und Quer durch Utopia. Eine Sinnsuche im Nachkrieg. Alfons Paquets Romanmanuskript Von November bis November ♦ S. 147
Alan Lareau
Musikalische Bilder der Revolution. Victor und Friedrich Hollaender und das Jahr 1919 ♦ S. 167
Gustav Noske
Die Abwehr des Bolschewismus ♦ S. 185
Wolfram Wette
Abwehr des Bolschewismus? Ein Kommentar ♦ S. 213
Walter Delabar
Anfang des Schönen, des Schrecklichen oder des Banalen. Ein irritiertes Popup zur Revolution in Deutschland 1918/19 ♦ S. 213
Richard Müller
Das Rätesystem in Deutschland ♦ S. 245
Dirk Heißerer
Brecht studiert Hitler oder Über die Theatralik des Faschismus ♦ S. 259
KLEINE ERINNERUNGSARBEITEN
Gregor Ackermann
Irène & Irene. Ein Hinweis zu Irène Némirovskys Roman Le Malentendu und seiner Übersetzerin Irene Kafka. Kleine Erinnerungsarbeiten I ♦ S. 295
Irène Némirovsky
Die französische Frau im Krieg ♦ S. 303
Bibliographie Irene Kafka ♦ S. 309
Schafott/Über den grünen Klee – Rezensionen und Hinweise ♦ S. 322
Abbildungsnachweise ♦ S. 358
Autorinnen und Autoren ♦ S. 359
Heft 55-56
EINE GEFÄHRLICHE STRASSE
Mediale Produktionen, Revolutionen und Diskussionen im frühen 20. Jahrhundert
Mit Texten von Erika, Klaus und Thomas Mann, Joachim Ringelnatz, Friedrich Hollaender, Alfred Döblin, Erich Grisar, Franz Hessel, Karl Schnog, Hans Fallada, Erich Mühsam und Klabund. Sowie mit Beiträgen zum Tonfilm, zur Fotoreportage, zum Fotobuch, zu Wolf von Niebelschütz als Feuilletonredakteur, zur Isotype Otto Neuraths, zur Perspektivierung im Comic, zu Schwitters Ur-Sonate und ihren
Fälschungen, zu Ernst Tollers Bemühungen um den Film und Max Herrmann-Neißes Rundfunkarbeiten
Herausgegeben von Gregor Ackermann und Walter Delabar
Ein Blick in das frühe 20. Jahrhundert ist oft befremdlich, fördert aber ebenso oft Vertrautes zutage, weil sich in dieser Zeit vieles wiederfinden lässt, was uns heute selbstverständlich ist. Manchmal noch in den Anfängen, gelegentlich mit Ideen verziert, die bis heute ihre Wirkung nicht verloren haben, unabhängig davon, ob sie realisiert wurden oder als realisierbar gelten. Über Rundfunk, Film, Fotoreportage und Feuilleton gibt es in diesem Heft einiges zu lesen, und was alles bei unserer Suche nach Beiträgen zusammengekommen ist, gefällt uns sehr.
Dass wir heute in einer Mediengesellschaft leben, ist uns selbstverständlich. Unser Interesse gilt in diesem Heft aber vor allem den Medienerzeugnissen und
-plattformen, die im frühen 20. Jahrhundert entstanden sind und der Literatur mehr und mehr Konkurrenz machen. Dass diese Konkurrenz heilsam ist, ist verschiedentlich bemerkt worden. Aber Jammern gehört zum Geschäft, und so sei es der Literatur und ihren Machern gegönnt, dass sie sich über ihren Niedergang beschweren – und zugleich von der medialen Verwertung ihrer Produktionen profitieren. Ein Film zum Buch? Was kann es Besseres geben? Und das gilt ebenso für den Rundfunk, der intensiv Anregungen aus der Literatur aufnahm, um sie in seinem Medium weiterzuverarbeiten.
Von Seiten der Autorinnen und Autoren sind die Neuen Medien im frühen 20. Jahrhundert als Chance wahrgenommen worden, ihre Einnahmen zu verbessern. Mit anderen Worten, die Konkurrenz zwischen den Autoren wurde heftiger, die Optionen aber vergrößerten sich zugleich. So konnte sich Wolf von Niebelschütz als Zeitungsredakteur überhaupt erst zu dem Autor entwickeln, der er nach 1945 sein sollte und konnte. Firmenschriften und Romane als Tätigkeitsfeld gleichermaßen? Das muss man als Autor im 20. Jahrhundert können. Und auch die Fotoreportage bot Möglichkeiten für Autoren, die eben nicht nur Texte zu Fotos schrieben, sondern sich auch von den Fotos dazu verleiten ließen, das, was sie sagen wollten, noch einmal zuzuspitzen.
Die Beiträge und Textfunde dieses Heftes nehmen die Medienlandschaft des frühen 20. Jahrhunderts intensiv unter die Lupe. Die Besprechungen tummeln sich wie gewohnt im Themenfeld des Heftes – und finden sich zugleich auf der Website des JUNI, wo sie jeweils nach Fertigstellung vorab veröffentlicht werden.
Zu beziehen über den Aisthesis-Verlag, Bielefeld. Im Abo 30,00 Euro plus Versand. Im Einzelpreis: 38,00 Euro.
INHALT
Walter Delabar und Gregor Ackermann
Editorial ♦ S. 7
Klaus Mann
Kunst und Technik ♦ S. 9
Dirk Heißerer
„Die Situation ist neu und reizvoll“. Thomas Mann im Tonfilm (1929) ♦ S. 11
Der Satiriker Joachim Ringelnatz sagt ♦ S. 32
Alan Lareau
Friedrich Hollaender als Filmkritiker. Kolumnen für das Berliner Journal ♦ S. 34
Friedrich Hollaender
Filmkritiken. Mitgeteilt von Gregor Ackermann und Alan Lareau ♦ S. 37
Anke Steinborn
Die Frau, das Bild, der Mord. Das Bild ist tot. Es lebe das (Bewegt-)Bild ♦ S. 53
Alfred Döblin
Zu „Der Weg ins Leben“ ♦ S. 73
Michael Pilz
„Mr. Toller is not a stranger to films“. Ernst Toller und der Film –
Bemerkungen zu einer glücklosen Beziehung ♦ S. 77
Manuel Illi
Zwischen ‚Tendenzphotographie‘ und ‚Gebrauchslyrik‘. Die politische Dimension der Foto-Text-Bücher zur Zeit der Weimarer Republik ♦ S. 111
Erich Grisar
Tonfilm des Alltags. Phantastik des Abbruchs. Zwei Reportagen ♦ S. 132
Walter Delabar
Mit Lichtbildern natürlich – ohne die geht’s ja nicht mehr. Über die narrative Emanzipation der Fotoreportage in Reiseberichten der Weimarer Republik ♦ S. 136
Franz Hessel
Eine gefährliche Straße ♦ S. 177
Etwas von der Arbeit ♦ S. 179
Walter Delabar
Etwas von der Arbeit / Eine gefährliche Straße. Ein Textvergleich ♦ S. 185
Dominik Riedo
Die Wahl zwischen Dichtung und Zeitung. Niebelschütz als Schriftleiter ♦ S. 189
Günther Sandner
Isotype. Visuelle Erziehung und Politik ♦ S. 223
Christian A. Bachmann
Teleskop und Mikroskop. Perspektivierung und Rahmung in visueller Satire und Comic um 1900 ♦ S. 241
Benjamin Bitterling
Modernes Merzen. Die Ursonate und ihre Tonaufzeichnung ♦ S. 262
Hans Fallada
Arbeitsschule für Hörspieler. Kleiner Mann – was nun? ♦ S. 273
Fabian Wilhelmi
Ästhetische Freiheiten und finanzielle Abhängigkeiten. Das Verhältnis zwischen Max Herrmann-Neiße und Fritz Walther Bischoff ♦ S. 275
Erika Mann
„Der Rundfunk und ich“ ♦ S. 288
Erich Mühsam
Kampf um Lulu. Einwürfe ♦ S. 289
Friedrich Hollaender
Abschied von „Schall und Rauch“ ♦ S. 297
Klabund
Das ideale Kabarett. Eine Antwort auf Friedrich Hollaender ♦ S. 299
Alan Lareau
Glanz und Elend des Kabaretts. Ein Austausch, 1920 ♦ S. 301
Karl Schnog
Medien. Gedichte ♦ S. 303
Schafott/Über den grünen Klee – Rezensionen und Hinweise ♦ S. 307
Abbildungsnachweise ♦ S. 358
Autorinnen und Autoren ♦ S. 359
Heft 53-54
KLEINER MANN IN EINBAHNSTRASSEN
Funde und Auslassungen zu Irmgard Keun, Carl Sternheim, zur Neuen Frau, zu Walter Hasenclever, Louise Dumont, Annemarie Schwarzenbach, Walter Benjamin, Hans Fallada, Albert Einstein, Anna Siemsen, Sigmund Freud, Ernst Toller und anderen
Der Große Krieg wirft immer noch seine Schatten, auch auf Autorinnen und Autoren, die wir sehr schätzen. Im dritten (Kriegserinnerungs-) Jahr nun zeigen wir im JUNI, dass auch ein Walter Hasenclever sich von der Begeisterung nicht frei machen konnte. Bislang unbekannte Kriegsberichte des berühmten expressionistischen Aachener Autors drucken wir, aber auch seine Bemühungen um die Übersetzungen von Paul Verlaine-Gedichten, um die er sich beinahe zeitgleich im Hintergrund kümmerte. Ein Widerspruch?
Autoren müssen Widersprüche aushalten können, nicht zuletzt weil sie sie selber produzieren. Walter Fähnders und Uta Schaffers haben frühe Texte Annemarie Schwarzenbachs ausgegraben und präsentieren sie. Sie zeigen nicht zuletzt, wie sich die junge Autorin aus ihren Anfängen heraus zu ihrer späteren stilistischen Brillanz hin entwickelte.
Textfunde prägen dieses JUNI Heft: Ob es sich dabei um die Rezeptionsdokumente zum Werk Walter Benjamins handelt, die hier gesammelt vorgelegt werden, oder um ein Fundstück zum Briefwechsel von Sigmund Freud mit Albert Einstein, ob um einen Vortrag Hans Falladas zur Entstehung von „Kleiner Mann – was nun?“, der bislang nur in Auszügen gedruckt worden ist, oder um einen Text Louise Dumonts über die Schauspielerin, ob um einen kleinen, frühen Text von Irmgard Keun, der 1932 im Querschnitt erschienen ist, oder um Texte Ernst Tollers – diese Texte aus den 1920er und frühen 1930er Jahren zeigen, wie sehr diese Zeit in Bewegung war und wie sehr sie damit auch kämpfte.
Herausgegeben von Gregor Ackermann und Walter Delabar
Zu beziehen über den Aisthesis-Verlag, Bielefeld. Im Abo 30,00 Euro plus Versand. Im Einzelpreis: 34,00 Euro.
INHALT
Walter Delabar und Gregor Ackermann
Editorial ♦ S. 7
Zwei Reisen. Zu Walter Hasenclevers Kriegsfahrten-Berichten ♦ S. 9
Walter Hasenclever
Zwischen Namur und Lüttich ♦ S. 11
Durch das besiegte Belgien ♦ S. 15
Reise in Belgien ♦ S. 17
Gregor Ackermann
„Bücher haben ihre Schicksale“. Zu Walter Hasenclevers Paul-Verlaine-Übertragungen ♦ S. 21
Doris Lauer und Jürgen Lauer
„Ich hatte den Ehrgeiz, sowohl eine Nachdichtung wie eine Übersetzung zu bieten“. Walter Hasenclevers Briefe an Stefan Zweig ♦ S. 25
Momme Brodersen, Gregor Ackermann und Walter Delabar
„Ein ganzes Feuilleton ausschließlich über die ‚Einbahnstraße‘“. Rezeptionsdokumente zu Walter Benjamin ♦ S. 65
Dirk Heißerer
„Warum Krieg?“ Ein Fundstück zum Briefwechsel zwischen Albert Einstein und Sigmund Freud 1932 ♦ S. 83
Albert Einstein
Brief an Sigmund Freud ♦ S. 87
Hans Fallada
Zur Entstehung des Romans Kleiner Mann – was nun? ♦ S. 89
Walter Delabar
Ein soziales Experiment. Über Hans Falladas Typoskript zur Entstehung des Romans Kleiner Mann – was nun? ♦ S. 95
Helga W. Schwarz
Daheim in Europa. Ein Plädoyer für die Schriftstellerin Anna Siemsen (1882-1951) ♦ S. 99
Eine bedeutende Frau: Louise Dumont. Ein Nachruf ♦ S. 105
Jasmin Grande
Über eine bedeutende Frau: Louise Dumont (1862-1932) ♦ S. 107
Louise Dumont
Die Schauspielerin ♦ S. 113
Walter Fähnders und Uta Schaffers
„Ich schrieb. Und es war eine Seligkeit.“ Dichterbild und Autorenrolle bei Annemarie Schwarzenbach ♦ S. 119
Annemarie Schwarzenbach
Frühe Texte von Annemarie Schwarzenbach und ein unbekanntes Foto ♦ S. 152
Gespräch ♦ S. 153
Das Märchen von der gefangenen Prinzessin ♦ S. 159
„mit dem Knaben Michael.“ ♦ S. 169
Erik ♦ S. 175
Walter Fähnders und Uta Schaffers
Zu Annemarie Schwarzenbachs frühen Texten ♦ S. 183
Walter Delabar
Mädchen im Querschnitt. Über Faszination und Emanzipation der jungen Frau ♦ S. 197
Irmgard Keun
System des Männerfangs ♦ S. 231
Gregor Ackermann, Peter Langemeyer und Michael Pilz
Neue Ernst Toller-Funde. Ergänzungen zur Personalbibliographie für die Jahre 1917 bis 1939 ♦ S. 235
Ernst Toller
Ausgewählte Texte ♦ S. 273
Schafott/Über den grünen Klee – Rezensionen und Hinweise ♦ S. 285
Besprechungen zu einem Fortsetzungskrimi von Frank Aarnau, Alfred Döblin und anderen, zur Edition der Ur-Fassung von Hans Falladas „Kleiner Mann – was nun?“, zu Texten und Fotos von Erich Grisar, zu kleinen Texten von Ruth Landshoff-Yorck, zu Alfred Polgars Porträt Marlene Dietrichs, zur Rekonstruktion des „Dadaglobe“, zu Marta Karlweis Roman „Ein österreichischer Don Juan“, zu Jack Londons Kriminalroman „Mord auf Bestellung“, zu Wolfgang Pensolds kleiner Geschichte des Fotojournalismus, zu einem Sammelband zu Anna Siemsen und zu einer Biografie Otto Neuraths.
Abbildungsnachweise ♦ S. 312
Autorinnen und Autoren ♦ S. 319
Heft 51-52
WEIBISCH, FRANKOPHIL UND (NICHT NUR) VON MÄNNERN GEMACHT
Französischer Herkunft ist es, wird nur von Frauen oder Zeitungslesern wahrgenommen, ist selbst weiblich, ja eigentlich weibisch, macht Aufhebens um sich und lässt jeden ran, der will. Es ist nicht ganz ernst zu nehmen, was seinen Vertretern nicht passt, ist zudem arg flüchtig und muss um Anerkennung und Beständigkeit kämpfen. Es enthält Gedanken, aber wer weiß, was davon bleibt.
Attraktiv will es sein, und jeder will an seinem Mieder herumnesteln, wie Karl Kraus mit ganzem Widerwillen formuliert hat. Da wollen wir nicht zögern und selber nesteln. Und das aus gutem Grund.
Das Feuilleton ist einer der wichtigsten Schauplätze der Literatur und Kultur der Weimarer Republik. Im Exil sind Zeitungen und Zeitschriften wichtige Kommunikationsmedien der exilierten deutschen Intelligenz. Die Zeitungen, Illustrierten und Zeitschriften hatten in der Weimarer Republik ihre erste große Konjunktur und bestimmten den Kulturbetrieb der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Das JUNI Magazin Nr. 51-52 ist erschienen mit
Denkbildern, Schmuck- und Fundstücken, Randständigem, Hauptsächlichem, Amüsantem und Bedenklichem aus der Geschichte des Feuilletons im frühen 20. Jahrhundert
Herausgegeben von Werner Jung und Walter Delabar
Zu beziehen über den Aisthesis-Verlag, Bielefeld. Im Abo 25,00 Euro plus Versand. Im Einzelpreis: 34,00 Euro.
INHALT
Walter Delabar und Werner Jung
Editorial ♦ S. 7
Erhard Schütz
Unterm Strich. Über Grenzverläufe des klassischen Feuilletons ♦ S. 11
Momme Brodersen
Kapitalist, Spekulant und Rentier. Ein Porträt Emil Benjamins ♦ S. 27
Heinrich Kaulen
Zwischen jüdischer Mystik, Marxismus und Pariser Passagen. Kontinuität und Wandel in Benjamins Leben und Werk ♦ S. 65
Wolfgang Klein
„Viel können und machtvoll wollen“. Heinrich Manns Beiträge
zu Pariser Tageblatt und Pariser Tageszeitung 1934-1939 ♦ S. 83
Volker Riedel
Madame Simone in der Garderobe und andere. Feuilletonistisches
bei Heinrich Mann in der Spätphase der Weimarer Republik ♦ S. 101
Sabine Koburger
Hans Fallada als Literaturkritiker ♦ S. 121
Friedrich Hollaender
Schienen. Mit einer Anmerkung von Alan Lareau ♦ S. 133
Friedrich Hollaender
Sechs Glossen für die Müncher tz (1968) ♦ S. 137
Friedrich Hollaender
Ungereimtheiten der Zeit, gereimt (1973).
Mit einer Anmerkung von Alan Lareau ♦ S. 140
Werner Jung
„Aber dann, am Ende wird alles gut, wie im Märchen.“ Zwei Erfolgsschriftstellerinnen der Weimarer Republik: Vicki Baum und Gina Kaus ♦ S. 145
Anne Martina Emonts
Animals that matter. Tiere, Körper und Menschen bei Renée Sintenis
und Mechtilde Lichnowsky ♦ S. 159
Liane Schüller
„Der Schmutz ist kein Blickpunkt zur Betrachtung der Welt“. Anmerkungen zu Gabriele Tergits Reportagen der Weimarer Republik ♦ S. 179
Walter Fähnders
Girgel und Lisette. Regina Ullmanns Hirtenroman ♦ S. 187
Regina Ullmann
Girgel und Lisette. Fragment eines unveröffentlichten Hirtenromans ♦ S. 195
Helga W. Schwarz
Nachforschungen wie ein Krimi. Maria Leitner und die Zeitung Tempo ♦ S. 221
Maria Leitner
Frauen in Curaçao ♦ S. 229
Dirk Heißerer
Klaus Mann darf ins Kino. Zur Buddenbrooks-Film-Premiere
in München 1923 ♦ S. 233
Hiltrud Häntzschel
„Wir werden dafür auch mehr zu sagen haben“. Die junge Generation.
Ihre geistigen Aufgaben. Eine Rundfrage. ♦ S. 241
Die junge Generation – ihre geistigen Aufgaben. Eine Rundfrage ♦ S. 251
Sophia Ebert und Thomas Küpper
Erfolg – verdächtig. Zur Rundfrage Warum werden
Ihre Bücher viel gelesen? von 1928 ♦ S. 283
Heinrich Vogeler
Mehr wie je wissen wir, dass unser Weg recht ist.
Ein Brief von Heinrich Vogeler an den österreichischen
Anarchisten Pierre Ramus über die Barkenhoff-Kommune ♦ S. 291
Heinrich Vogeler
Entwurf für die Errichtung einer Arbeitsschule. Die Arbeitsschule
Barkenhof. Die Arbeitsgemeinschaft Barkenhof. Die Arbeitsschule in [der]
kommunistischen Gesellschaft. Erkenntnis und neuer Wille.
Oktoberbrief 1920. ♦ S. 297
Walter Fähnders
Die Barkenhoff-Kommune. Zu Heinrich Vogelers Brief
an Pierre Ramus ♦ S. 311
Schafott/Über den grünen Klee – Rezensionen und Hinweise ♦ S. 317
Walter Fähnders zu neuen Büchern über Heinrich Vogeler. Walter Delabar zur Neuedition der Kritiken Walter Benjamins, zu einem Aufsatzband über den Ullstein-Verlag, zur Neuausgabe der frühen Feuilletons von Sigismund von Radecki, über einen Aufsatzband zu den It-Girls der 1920er Jahre, zur Neuausgabe von Reportagen von Albert Londres, über die Stadtporträts Robert Michelsʼ, zu zwei Ausgaben mit Feuilletons von Joseph Roth und zu zwei Ausgaben von Werken Wilherlm Speyers im Aisthesis-Verlag und Karoline Riener über eine Auswahlausgabe der Schriften Emil Szittyas.
Abbildungsnachweise ♦ S. 232
Autorinnen und Autoren ♦ S. 353
Werner Jung
Ad te ipsum ‒ Gregor ♦ S. 355
Walter Delabar
Gregor Ackermann, *1951, Aachen. Eine kleine Bestandsaufnahme
der Arbeiten Gregor Ackermanns im JUNI-Magazin ♦ S. 357
Heft 49-50
BERTOLT BRECHT
IMPROVISATIONEN IN MEHR ALS ZWEI BILDERN
Hrsg. von Walter Delabar und Gregor Ackermann
Ja, tätsächlich. Sie sind zusammen aufgetreten, und zwar am Abend der Uraufführung von „Trommeln in der Nacht“ – und mit ihnen alles, was Rang und Namen. Ein großer Spaß muss das gewesen sein – und der Ursprung des epischen Theaters. Dirk Heißerer beschreibt „Die rote Zibebe“. Außerdem noch Beiträge zu Erich Mühsam, Marcel Proust, Ruth Landshoff-Yorck und Wolf von Niebelschütz.
Alles das ist zu finden im neuen JUNI Magazin.
Jetzt erhältlich, ordern beim Verlag:
IMPROVISATIONEN IN MEHR ALS ZWEI BILDERN
Dargebracht von (in order of appearance) Bertolt Brecht, Karl Valentin, Liesl Karlstadt, Valeska Gert, Annemarie Hase, Max Schreck, Kurt Horwitz, Hugo Welle, Joachim Ringelnatz, Ludwig Hardt, Klabund, Ruth Landshoff-Yorck, Erich Mühsam, Joseph Roth, Emil Szittya, Marcel Proust, Max Eyth, Wolf von Niebelschütz, Wilhelm Speyer, Hermann Kesten und Klaus Mann.
Herausgegeben von Gregor Ackermann und Walter Delabar
Zu beziehen über den Aisthesis-Verlag, Bielefeld. Im Abo 25,00 Euro plus Versand. Im Einzelpreis: 34,00 Euro.
INHALT
Walter Delabar und Gregor Ackermann
Editorial ♦ S. 7
Dirk Heißerer
Die rote Zibebe. Auf den Spuren zweier Improvisationen von Bert Brecht und Karl Valentin. Mit einer unbekannten Regienotiz Brechts ♦ S. 10
Dieter Schiller
Erich Mühsam und die sozialistische Literatur ♦ S. 93
Heinz Hug
„Eine infame Vergewaltigung“. Erich Mühsam und der Kolonialismus ♦ S. 109
Gerhard Bauer
Emphase, Kinderei und Raffinesse in Erich Mühsams Gedichten ♦ S. 129
Emil Szittya
Erich Mühsam. Eine Rede ♦ S. 153
Walter Fähnders
Emil Szittya und Erich Mühsam ♦ S. 171
Gregor Ackermann und Momme Brodersen
Eine Geschichte des Scheiterns? Marcel Prousts Frührezeption in Deutschland ♦ S. 181
Gerd Theißen
Der Ingenieur als Kulturstifter. Max Eyths Vortrag über Poesie und Technik im Jahr 1904 ♦ S. 237
Max Eyth
Poesie und Technik. Vortrag, gehalten in der Hauptversammlung des Vereins Deutscher Ingenieure zu Frankfurt a. M. am 6. Juni 1904. ♦ S. 247
Wilhelm Speyer
Das faule Mädchen ♦ S. 261
Thomas Küpper
„Ich gehe überhaupt nicht!“ Zur Utopie von Wilhelm Speyers Das faule Mädchen ♦ S. 269
Christiane Nowak
Sehen lernen. Künstler und schlesische Provinzstädte in Max Hermann-Neisses Romanen Cajetan Schaltermann und Die Bernert-Paula ♦ S. 273
Walter Delabar und Frauke Schlieckau
„Der große Klaus Mann rühmte den großen Hermann Kesten.“ Klaus Mann und Hermann Kesten ‒ Eine Skizze ♦ S. 285
Fritz Hackert und Rainer-Joachim Siegel
„… immerhin ein Sozialismus, ein Nationalsozialismus eben“. Juden auf Wanderschaft, Joseph Roths Korrekturen und Ergänzungen für eine geplante zweite Auflage ♦ S. 305
Ruth Landshoff-York
„Kabale in Salzburg“. Neu aufgefundene Texte ♦ S. 312
Dominik Riedo
Zweifelhafte Lageberichte. Wolf von Niebelschütz als Redakteur von Wehrmachtszeitungen 1940-1945 ♦ S. 321
Schafott/Über den grünen Klee – Rezensionen und Hinweise ♦ S. 337
Simon Huber über neu aufgelegte Romane von Max Brod und Barbara Beuysʼ „neue Frauen“ um 1900, Helga Karrenbrock über „Sixty to go“ von Ruth Landshoff-Yorck, Liane Schüller über „Fünf Geschichten aus dem Seelenleben halbwüchsiger Mädchen“ von Lou Andreas-Salomé, Walter Delabar über neue Ausgaben von Texten Maria Leitners, über David Oelsʼ Studie zum Rowohlt-Verlag und Stefan Großmanns Nachlassroman „Wir können warten oder Der Roman Ullstein“
Abbildungsnachweise ♦ S. 358
Autorinnen und Autoren ♦ S. 359
Heft 47-48
ERZÄHLTE WIRTSCHAFTSSACHEN. ÖKONOMIE UND ÖKONOMISIERUNG IN LITERATUR UND FILM DER WEIMARER REPUBLIK.
HRSG. VON GREGOR ACKERMANN, WALTER DELABAR UND MICHAEL GRISKO
Übers Wirtschaften
Über Geld? Darüber spricht man nicht? Und über Geld verdienen erst recht nicht? Ganz im Gegenteil, die gewichtigsten Akteure im Literaturbetrieb, die Autoren sprechen besonders viel darüber. Legendär die Geschichte, die über Heinrich Böll erzählt wird: Nachdem er den Preis der Gruppe 47 erhalten hatte, soll er den Ge-ruch des Preisgeldes in den höchsten Tönen gelobt haben. Und dass gerade solch prekäre Existenzen wie Autoren zu Beginn ihrer Karriere (die dann vielleicht erfolgreich wird) intensiv damit beschäftigt sind, in Gelddingen zu lavieren, muss einen nicht wundern. Selbst Samuel Beckett, dessen frühe Briefe kürzlich erschienen sind, sieht sich dazu gezwungen – und man weiß nicht recht, ob er über die Verleger deshalb so herrlich hemmungslos schimpft, weil sie ihn so knapp halten oder weil er wirklich die Korrumpiertheit des Systems attackieren will.
Die Problemlagen im frühen 20. Jahrhundert waren den heutigen nicht allzu fern, zu ähnlich sind sich doch die „Krisenjahre der Klassischen Moderne“ (Peuckert) den Krisenjahren des frühen 21. Jahrhunderts.
Literatur und Film, um die es in diesem Heft gehen soll, haben sich intensiv mit den Konsequenzen des Ökonomischen für die Gesellschaft und den Einzelnen beschäftigt. Ihnen ist das Misstrauen jederzeit abzulesen: So sehr das schnöde Geld auch erworben werden musste, ausliefern wollte man sich ihm nicht.
Zu beziehen über den Aisthesis-Verlag, Bielefeld. Im Abo 25,00 Euro plus Versand. Im Einzelpreis: 34,00 Euro.
INHALT
Walter Delabar und Gregor Ackermann
Editorial ♦ S. 7
Michael Grisko
Erzählte Wirtschaftssachen. Ökonomie und Ökonomisierung in der Literatur und im Film der Weimarer Republik ♦ S. 11
Robert Radu
„Der schwärzeste Tag in der Geschichte des Kapitalismus“. Der Zusammenbruch der Darmstädter und Nationalbank als Kommunikationsereignis in den kulturpolitischen Zeitschriften der Weimarer Republik ♦ S. 19
Bilder der Industrialisierung ♦ S. 33
Philipp Stiasny
Das Kino und die Inflation ♦ S. 35
Michael Grisko
Der Traum vom Glück – der Traum vom Ruhm – der Traum vom Geld. Filmromane als Spiegel der Moderne ♦ S. 45
Entwicklung einer Metropole ♦ S. 67
Enno Stahl
Bio-Politik oder ‚Das abstrakte Spiel der Produktivkräfteʻ. Franz Jungs Eroberung der Maschinen ♦ S. 69
Daniel Lutz
Quantitätsoffensive. Globalisierung als Weltwirtschaftskrieg in Carl Sternheims Fairfax ♦ S. 79
Iuditha Balint
„Weil alles käuflich ist“. Die anthropologische Basis kulinarischer Kritik
in Bertolt Brechts Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny ♦ S. 91
Christiane Nowak
„Durchschnittsware“. Individualisierungskonzepte in den Angestelltenromanen Schicksale hinter Schreibmaschinen (Christa Anita Brück) und Das Mädchen an der Orga Privat (Rudolf Braune) ♦ S. 103
Alexander Kluger
Angestelltenadel. Der moderne Großbetrieb als höfische Gesellschaft in Martin Kessels Herrn Brechers Fiasko ♦ S. 119
Jens Hobus
Poetisches Geld. Die Literarisierung des Ökonomischen in Robert Walsers Räuber-Roman ♦ S. 129
Ann-Cathrin Oelkers
„Was jetzt auf beiden Seiten geschieht, ist so falsch wie möglich.“ Die außenpolitisch-ökonomische Doppelkrise von 1923 im Urteil Heinrich und Thomas Manns ♦ S. 143
Krupps Fotografien ♦ S. 157
Mirko Gemmel
Verweigerungsstrategien im urbanen Raum. Franz Hessels Flaneur
als Gegenfigur zur Zeitökonomie der modernen Großstadt ♦ S. 159
Anna Burgdorf
Sexuelle Progression und ökonomischer Progress. Zur Darstellung unmoralischer Frauen in Erich Kästners Fabian. Die Geschichte eines Moralisten ♦ S. 171
Thomas Lenz
Billige Ware, billige Liebe? Kundinnen, Verkäuferinnen und Prostituierte im Kaiserreich und der Weimarer Republik ♦ S. 185
Kai Marcel Sicks
Amateure, Mäzene und Mätressen. Ökonomie und Sport im Fußballroman und -film der Weimarer Republik ♦ S. 199
Fotografen im Markt ♦ S. 211
Julia Bertschik
Auf den ersten Blick. Fetischismus und Theatralität bei Nestroy und Horváth ♦ S. 213
Walter Delabar
Agrarökonomen. Von der bäuerlichen Wirtschaft in der deutschsprachigen Literatur 1918-1935 ♦ S. 227
Anne Martina Emonts
„My dresses hang from the ceiling“. Polly Tieck, Katta Launisch und Polly Launisch (1893-1975?) ♦ S. 247
Polly Tieck
Texte. Ausgewählt von Anne Martina Emonts ♦ S. 251
Gregor Ackermann und Anne Martina Emonts
Polly Tieck & Katta Launisch. Notizen zum Werk Ilse Ehrenfrieds ♦ S. 279
Momme Brodersen
Wer war Luise von Landau? Zu einer Figur in Walter Benjamins Berliner Kindheit ♦ S. 315
Gregor Ackermann und Hartmut Vollmer
Zu einem unbekannten Brief von Hermann Ungar ♦ S. 323
Sargut Şölçün
Kurt Tucholskys Türke. Eine multiperspektivische Betrachtung ♦ S. 332
Schafott/Über den grünen Klee – Rezensionen und Hinweise ♦ S. 339
Walter Fähnders über Eva Oberloskamps Studie, die sich den deutschen und französischen Russlandreisenden widmet, Walter Delabar mit Besprechungen zu Franziska Schößlers Studie zu den Bildern des Modernen in der Literatur um 1900, über die Briefe des jungen Samuel Beckett, den Briefwechsel zwischen Bertolt Brecht und Helene Weigel, Monika Portenschlägers Studie zu den mondänen Mädchen, Barbara Stempels Untersuchung der Asienreiseberichte von Annemarie Schwarzenbach und Walter Bosshardt sowie dem Sammelband Industriekulturen.
Abbildungsnachweise ♦ S. 10
Autorinnen und Autoren ♦ S. 359
Die Letzten Hefte, die da mal die ersten waren
Nr. 45-46: Autorinnen
Nr. 43-44: Utopia
Nr. 41-42: Deutsches Lied II
Nr. 39-40: Deutsches Lied I
Nr. 37-38: Verbrechen als Passion. Neue Untersuchungen zum Kriminalgenre
Nr. 35-36: Ruth Landshoff-Yorck, Karl Otten, Philipp Keller und andere. Literatur zwischen Wilhelminismus und Nachkriegszeit
Nr. 33-34: Friedrich Hollaender und andere
Nr. 32: Dossier: Literatur und Exil.
Nr. 30-31: Spielräume des einzelnen. Deutsche Literatur in der Weimarer Republik und im Dritten Reich.
Zu beziehen über den Aisthesis-Verlag, Bielefeld.